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Bist du traurig oder depressiv? Das sind die Unterschiede

Bist du traurig oder depressiv?

Das sind die Unterschiede

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Traurigkeit und Depressivität? Können traurige Menschen depressiv werden? Mit diesem beiden Fragen beschäftigt sich der Beitrag.

Ist Anna traurig oder depressiv?

Anna kommt zu einem Gespräch. Zwei Jahre lang arbeitete sie in der Marketingabteilung eines großen Unternehmens. Sie liebte diese Tätigkeit. Vor einigen Wochen lief ihr befristeter Arbeitsvertrag aus und sie musste sich arbeitslos melden.

 

Seitdem musste sie in unterschiedlichen Situationen plötzlich weinen. Darüber ist sie überrascht, denn sie wusste ja, dass ihr Arbeitsvertrag auslief. Sie macht sich große Sorgen, ob sie vielleicht depressiv ist.

 

Hier sind die Unterschiede zwischen Depression und Traurigkeit:

1. Viele versus einen Auslöser

Traurigkeit hat in der Regel einen Auslöser, nämlich einen Verlust. Depressionen haben in der Regel viele Auslöser, die im Laufe der Zeit dazu führen können, dass sich die Stimmung zum depressiven Pol verschiebt. Jeder Mensch hat einmal eine depressive Verstimmung. Doch daraus muss noch nicht eine Depression entstehen. Je mehr die Belastungen im Alltag, wie

  • Probleme in der Partnerschaft
  • Stress in der Arbeit
  • geringer Selbstwert
  • Sorgen um Familienangehörige und Freunde

und so weiter zunehmen, umso mehr nimmt die Gefahr einer Depression zu.

 

2. Seelische Erkrankung versus seelische Gesundheit

Depression ist eine seelische Erkrankung. 25 % der Menschen bekommen mindestens einmal im ihrem Leben eine Depression. Sie ist u.a. verbunden mit einer lang anhaltenden niedergedrückten Stimmung, belastenden Gedankenspiralen und einem geringem Antrieb.

 

Traurigkeit dagegen ist ein normales und damit gesundes Gefühl, dass wir bei Verlust erleben. Die Traurigkeit kommt oft in Wellen. Eine Welle der Traurigkeit erfasst dich, so dass du möglicherweise weinen musst und dann ebbt die Traurigkeit wieder ab und du fühlst dich freier.

 

3. Statik versus Dynamik

Bei einer Depression begleitet dich die niedergedrückte Stimmung durch den ganzen Tag. Ein schwerer Verlust, wie der Tod eines geliebten Menschen oder auch der Verlust des Arbeitsplatzes, kann dich in ein tiefes Loch stürzen lassen. Du trauerst um den Verlust.

 

Die traurigen Gefühle kommen dabei die Wellen. Im Laufe der Zeit wird die Traurigkeit weniger. Eine Depression dagegen ist er statisch. Die belastenden Gefühle von Motivationslosigkeit Antriebsarmut und Schwere begleiten dich ständig.

4. Schleichende Entwicklung versus plötzliches Auftreten

Traurigkeit wird in der Regel durch ein konkretes Ereignis ausgelöst, wie eine Verlusterfahrung. Vielleicht handelt es sich dabei um den Tod eines nahestehenden Menschen, eine plötzliche Kündigung oder um ein anderes belastendes Lebensereignis handeln, das dich traurig stimmt.

Eine Depression dagegen zeichnet sich durch einen schleichenden Prozess aus. Du bist nicht von einem Tag auf den anderen depressiv. Vielmehr fühlst du dich allmählich unwohl. Negative Gedanken nehmen zu.

 

Dahinter stehen belastende Glaubenssätze, die deinen Selbstwert reduzieren. Hier einige Beispiele:

  • Ich schaffe es nicht.
  • Die anderen sind besser, schöner, intelligenter als ich.
  • Ich bin nicht liebenswert.
  • Ich bin es nicht wert, dass ...

Werden die damit verbundenen Gefühle immer wieder unterdrückt, nimmt die niedergedrückte Stimmung zu.

Kann aus einer Traurigkeit eine Depression werden?

Hat ein Mensch einen tiefen Verlust erlebt und hat kaum Möglichkeiten diesen zu verarbeiten, kann aus einer Traurigkeit eine Depression werden. Störungen in der Verarbeitung eines Verlusts können beispielsweise dadurch entstehen, dass

  • du den Anspruch hast, schnell wieder funktionieren zu müssen
  • du dir die Trauer selbst nicht zugestehen willst
  • du in einem Umfeld lebst, In dem es für Traurigkeit wenig Verständnis gibt
  • du dich in einer Situation befindest, dich um andere kümmern zu wollen oder zu müssen, so dass für deine eigene Verarbeitung des Verlusts kaum Raum ist.

Hat sich deine tiefe und erschütternde Traurigkeit nach einem Jahr noch nicht geändert, solltest du professionelle Hilfe aufsuchen.

 

Eine Depression kann sich dann allmählich wieder auflösen, wenn an den Ursachen gearbeitet wird. Das bedeutet sich im Alltag den Problemen und Konflikten zu stellen und passende Lösungen zu finden.

 

Dem steht jedoch entgegen, dass in einer Depression der Glaube zunimmt, dass es für die Probleme keine Lösungen geben würde. Das ist ein deutliches Anzeichen einer depressiven Episode. In diesem Fall rate ich dir, therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

So ging es mit Anna weiter

Kommen wir zum Abschluss noch einmal auf Anna, deren Arbeitsvertrag auslief. Alles weist daraufhin, dass es sich bei ihr um eine normale Traurigkeit handelt. Zum Abschluss der therapeutischen Stunde habe ich ihr empfohlen, ein ganz persönliches Abschlussritual zu entwickeln.

 

Mit diesem Ritual kann sie sich auf einer gefühlsmäßigen Ebene von ihrer jetzigen Lebensphase verabschieden, mit allen Schmerz, der dazugehört und der Dankbarkeit für die gemachten Erfahrungen auf ihrem Arbeitsplatz. Und darüber hinaus lud ich sie dazu ein, in nächster Zeit ihrer Traurigkeit bewusst Raum zu geben.



Dieser Artikel ersetzt keine therapeutische Diagnose. Bist du unsicher, ob du unter Traurigkeit oder Depression leidest, wende dich an therapeutische oder ärztliche Fachkräfte oder vereinbare einen Termin bei mir.


Hast du Fragen zu Traurigkeit oder Depression, dann stell sie mir

und schreibe mir einen Kommentar oder erzähle von deiner Erfahrung.

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